Die Alten und die Jungen

Die Alten und die Jungen

By Theodor Fontane

„Unverständlich sind uns die Jungen“
Wird von den Alten beständig gesungen;
Meinerseits möcht ich’s damit halten:
„Unverständlich sind mir die Alten.“

Dieses am Ruderbleibenwollen

In allen Stücken und allen Rollen,
Dieses sich Unentbehrlichvermeinen
Sammt ihrer „Augen stillem Weinen“,
Als wäre der Welt ein Weh gethan, –

Ach, ich kann es nicht verstahn.
Ob unsre Jungen, in ihrem Erdreisten,
Wirklich was Besseres schaffen und leisten,
Ob dem Parnasse sie näher gekommen,
Oder blos einen Maulwurfshügel erklommen,

Ob sie, mit andern Neusittenverfechtern,
Die Menschheit bessern oder verschlechtern,
Ob sie Frieden sä’n oder Sturm entfachen,
Ob sie Himmel oder Hölle machen, –
Eins läßt sie stehn auf siegreichem Grunde,

Sie haben den Tag, sie haben die Stunde,
Der Mohr kann gehn, neu Spiel hebt an,
Sie beherrschen die Scene, sie sind dran.

Textdaten
Autor: Theodor Fontane
Titel: Die Alten und die Jungen
aus: Gedichte, Seite 82
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum: 1847
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
Quelle: Scans auf Commons

Quelle:
https://de.wikisource.org/wiki/Die_Alten_und_die_Jungen_(Fontane)